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Wann lohnt es sich, vor Gericht zu gehen? – Die Kunst der strategischen Entscheidung

In der Welt der Gesellschaftsrechtsstreitigkeiten ist eine gerichtliche Auseinandersetzung oft ein letzter Ausweg. Doch wann ist der Zeitpunkt gekommen, vor Gericht zu ziehen, und welche Fälle landen typischerweise vor den Richter:innen?

Die Überlegung vorab: Lohnt sich der Gang vor Gericht?

Tatsächlich ist es in Gesellschafterstreitigkeiten eher selten, dass sich ein Gang vor Gericht als lohnenswert erweist. Rechtsstreitigkeiten ziehen sich oft über lange Zeiträume hin und können kostspielig werden. Daher streben Anwält:innen in der Regel eine außergerichtliche Einigung an oder bemühen sich im Laufe des Verfahrens um eine gütliche Einigung.

Wann besteht dennoch Handlungsbedarf?

Die Entscheidung, vor Gericht zu gehen, sollte stets individuell erfolgen und hängt von der Erfolgsaussicht des Falles sowie wirtschaftlichen Überlegungen ab. Eine Klage allein aus Prinzip ist selten ratsam, da sie oft hohe Kosten verursacht. Denn hier gilt: „Prinzip ist immer teuer!“

 

Häufige Fälle vor Gericht 

In Gesellschaftsrechtsstreitigkeiten ist es also entscheidend, rechtzeitig und strategisch zu handeln. Einige häufige Klagefälle und Szenarien, die eine gerichtliche Auseinandersetzung erforderlich machen können, sind:

Frist und Verjährung

In vielen Fällen sind rechtzeitige Klagen entscheidend, insbesondere bei Fristen zur Geltendmachung von Zahlungsansprüchen oder der Anfechtung von Beschlüssen.

  • Vertragliche Ausschlussfristen: Oft nur wenige Monate lang, dienen sie zur Geltendmachung von Zahlungsansprüchen der/des Geschäftsführer:ins aus dem Geschäftsführer:innenanstellungsvertrag. Ohne rechtzeitige Klage verfällt der Anspruch.
  • Gesetzliche Verjährungsfristen: Sie sind meistens 3 Jahre lang. Ein Anspruch kann nach Ablauf der Frist ohne Klage nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden.

Beispiel: Eine Klage einer/s Geschäftsführer:ins über Gehaltsforderungen, Tantiemen oder Abfindungen, um die Ausschlussfrist einzuhalten.

  • Bei mangelhaften Beschlussfassungen der Gesellschafterversammlung: 1 Monat (für GmbH und AktG) bis 3 Monate (für Personenhandelsgesellschaften) gelten als Anfechtungsfristen. Danach gelten die Mängel als geheilt.

Beispiel: Eine Anfechtungsklage einer/s Gesellschafter:ins gegen die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung über Abberufung und Kündigung aus wichtigem Grund.

Bedeutsame Rechtspositionen und Pflichtverletzungen

Eine gerichtliche Klärung ist notwendig, wenn wichtige Rechtspositionen bedroht sind oder Gesellschafter:innen von Informationen ausgeschlossen werden. Beispiele können sein:

  • Ausschluss als Gesellschafter:in aus wichtigem Grund, inklusive Abfindungsstreitigkeiten und Kapitalkontenentwicklung.
  • Streit um Nachfolge in der Gesellschafterstellung nach Versterben einer/s Gesellschafter:ins.
  • Missachtung von Zuständigkeiten und Kompetenzen der Gesellschaftsorgane, mit möglicher Folge der Abberufung als Geschäftsführer:in und Kündigung aus wichtigem Grund. Mehr zu häufigen Pflichtverletzungen finden Sie auch Hier.
  • Übergehung von Gesellschafter:innen bei der Willensbildung der Gesellschaft.
  • Durchsetzung gesetzlicher Ansprüche der Gesellschafter:innen gegen die Gesellschaft auf Auskunft und Einsicht in Unternehmensvorgänge und -unterlagen.

 

Zielsetzungen einer gerichtlichen Auseinandersetzung

Insgesamt verdeutlichen diese Beispiele die Komplexität und die verschiedenen Aspekte, die zu Gesellschaftsrechtsstreitigkeiten führen können, und zeigen die Bedeutung einer rechtzeitigen und angemessenen Klärung vor Gericht auf.

Es ist wichtig, dass Unternehmen und Einzelpersonen diese Aspekte berücksichtigen und rechtzeitig handeln, um ihre Interessen zu schützen und ihre Rechte durchzusetzen.

 

 

Schlagwörter: Unternehmen | Gesellschaftsrecht | Streitigkeiten mit Geschäftsführern | Streitigkeiten mit Gesellschaftern
Autor
Dirk Scherzer

Dirk Scherzer

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